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Streuobstwiesen in Vossenack

Text und Bilder Dr. Rainer Wiertz

Schon Kaiser Karl ordnete an in seinen Pfalzen, die über das ganze Landverteilt waren, neben Gemüse und Heilpflanzen auch Obstbäume anzupflanzen ( Capitulare de villis ). Damals gab es nicht nur Anweisungen über Sortenarten wie Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen, Quitten und Nüsse u.a., sondern auch schon konkrete Sorten. Diesen waren bei Äpfeln besonders detailliert, so auch die Unterteilung nach Reifezeitpunkt und verschiedenen Nutzungsarten.

Im Folgenden übernahmen Klöster diese Aufgabe des Anbaus. Hier begann gezielte Selektion und später „Züchtung“ (Mendel).

Grüngürtel aus Obstbäumen entstanden um Burgen, Gehöfte und später auch Siedlungen.

Dies erreichte zum Ende des 19. Jahrhunderts einen Höhepunkt.

Als Streuobstwiese bezeichnet man flächige, hochstämmige und in Sorten und Arten gemischte Obstbaumbestände von mindestens 10 Bäumen je 1500 qm mit einer Unternutzung als Wiese oder Weide.

Ende des 19. Jhd. gab es Fördermaßnahmen zur Bepflanzungen der Ortsränder und Straßen. Obstbaumwarte entstanden, die eine fundierte Ausbildung bekamen und die Aufgabe der Unterstützung und Beratung hatten. Das Obst des Streuobstanbaus hatte eine wichtige Basisfunktion für Ernährung und Gesunderhaltung der Bevölkerung. Es diente zur Stabilisierung des Einkommens und zur wirtschaftlichen Sicherung.

Streuobstwiesen sind das Ergebnis historischer Landnutzung.

siegtal2017Typische Siedlung mit Streuobstgürtel im Siegtal (2017)

UnterdorfVossenack Unterdorf

Auch in Vossenack waren die Gärten und Ortsränder durch Obstbäume geprägt. Die Unternutzung mit Vieh war allgemein üblich. Es gab Sorten, die im Normallager (Keller) bis zum Mai haltbar waren. Äpfel und Sauerkraut waren regelmäßig genutzte Winternahrung, ebenso wie in der Hauswirtschaft konserviertes Beerenobst (Sirup, Mus und Konfitüren).

Während der Kampfhandlungen im 2. Weltkrieg wurden viele der Obstbäume stark geschädigt und zerstört. Einige haben jedoch bis heute überlebt (besonders Birnen und wenige Apfelbäume)

MestrengerWegAlter Apfelbaum aus der Vorkriegszeit auf der Obstbaumwiese von Raimund Scholl, Mestrenger Weg

UnterdorfBergemannBirnbaum Bergemann im Unterdorf

In den 50er Jahren gab es eine breit angelegte Maßnahme der Landwirtschaftskammer Rheinland, in der Obstsorten für die Mittelgebirgshöhenlagen getestet wurden. In diesem Zusammenhang wurde ein Großteil der heute noch in Vossenack stehenden Bäume gepflanzt. Diese Bäume sind heute im Alters- und Abgangsstadium. Jedes Jahr fallen dem Wind oder der Säge einige zum Opfer. Sie sind mit wenigen Ausnahmen im schlechten Pflegezustand. Für die Ökologie stellen sie noch wertvolle Biotope dar, die aber stark im Rückgang sind.

PflegebeduerftigeDringend pflegebedürftige Bäume in Vossenack

 KirschbaumJoerresKirschbaum Im Oberdorf Jörres (Foto: Stephan Geißer)

UnterdorfabVossenack Im Unterdorf 2017

Eine Nachfrage Ende der 80er Jahre, bezüglich Ergebnisse dieser Untersuchung, ergab die Antwort, dass die Arbeiten von damals „heute“ keine Relevanz mehr haben. „Obst sollte in den guten Lagen bei spezialisierten Betrieben erzeugt werden. Eine Produktion in den Randlagen der Eifel ist nicht produktiv und sollte für die Erwerbsbetriebe keine Konkurrenz sein. Die Ergebnisse sind nicht mehr verfügbar“.

In Deutschland wurde die Rodung von Obst-Hochstammbäumen in den (60 und 70er Jahren) staatlich gefördert. In NRW verschwanden 2.500.000 Obstbäume. Allein in den Jahren 1973 -75 wurden in NRW 1,4 Millionen Obstbäume gerodet und die Landesregierung förderte das mit 30.000.000 DM Rodungsprämien.

Diese Rodungen fanden allerdings mehr auf den besseren Böden statt. In Vossenack ist da nicht viel passiert.

In den 90er Jahren war denn die Kehrtwende. Es wurden Neuanlagen von Streuobstwiesen gefördert. Daran beteiligte sich der Kreis Düren, auch in Vossenack stehen Bäume aus dieser Zeit. Eine nachhaltige Betreuung und Kontrolle fand nicht statt. Die Siegerwiese der ersten Streuobstwiesenmeisterschaft im Kreis Düren (im Jahre 2016) ist eine Wiese die damals gefördert wurde. Sie ist in Nideggen-Rath, hat die Größe von etwa 1,5 ha und etwa 150 Hochstamm Obstbäume. Inzwischen ist sie Bio-zertifiziert und das Obst wird als Biotafelobst und Biosaft vermarktet.

Aktuell werden Streuobstwiesen im Rahmen des Vertragsnaturschutzes gefördert.

Fördervoraussetzung:

  • Mindestflächengröße 0,15 ha (in diesem Fall mit Baumbestand von mind. 10 Bäumen)
  • Baumpflegemaßnahmen durch Erziehungs-, Erhaltungs- und Verjüngungsschnitt entsprechend fachlicher Vorgaben
  • Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenbehandlung der Obstbäume
  • Gefördert werden höchstens 55 Bäume/ha
  • Ausgleichsbetrag: 19,- Euro Baum/Jahr, max. 1.045,- €/ha/Jahr

Weitere Fördermaßnahmen sind geplant. Dazu soll aber erst der Istzustand kontrolliert werden.

In der Biostation Düren wird eine neue Stelle zum Bereich Streuobstwiesen eingerichtet.

Die für die Ökologie wichtigen älteren Bäume gibt es in Vossenack noch. Sie nehmen jedoch stark ab. Die wichtige Altersgruppe der 30 bis 50 Jahre alten Bäume sind fast nicht vorhanden. Wenn also demnächst die alten Bäume aus den 50er Jahren verschwinden, dann gibt es keine alten Bäume mehr. Die vielen Tieren, die auf diese Bäume angewiesen sind, haben dann keine Überlebensschanze mehr. Die Biodiversität wird weiter reduziert und nicht nur die Bienen verschwinden.

AlltagObstwiesenAlltag auf den Vossenacker Obstwiesen

NistplatzHier kann nun kein Vogel mehr nisten

Text und Bilder Dr. Rainer Wiertz